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DFG-Antrag 2003-2006

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Die im Text zitierte Literatur finden Sie im Literaturverzeichnis

Forschungsprogramm 2003-2006
Die Zukunft der Staatlichkeit

Welche Ergebnisse werden in der Zusammenschau der Module nach einem Jahrzehnt Forschung von einem Sonderforschungsbereich dieses Zuschnitts zu erwarten sein? Im Gesamtergebnis versprechen wir uns neue Kenntnisse über die Ursachen und Wirkungen des Wandels von Staatlichkeit. Sie werden zum einen zu einer Rekonzeptualisierung eines grundlagentheoretischen Bausteins der Politik- und Sozialwissenschaften, nämlich des Nationalstaates, mithin zu einer Überwindung des methodologischen Nationalismus beitragen. Zum anderen werden diese Erkenntnisse praxeologisch bei der institutionellen Neugestaltung von Governance-Strukturen zur Förderung von Frieden, Rechtssicherheit, Demokratie und Wohlfahrt nützlich sein.

Mit der nationalen Konstellation wurden in den Staatswissenschaften theoretisch-konzeptionelle Perspektiven verbunden, die meist auf einem methodologischen Nationalismus beruhten. Der methodologische Nationalismus als idealtypische Prämisse sieht Nationalstaaten und deren Regierungen als die Grundeinheiten der sozial- und politikwissenschaftlichen Analyse an. Der so verstandene methodologische Nationalismus unterscheidet sich vom normativen Nationalismus, wonach jeder Nation das Recht zukommt, sich in ihrer kulturellen Besonderheit selbst zu bestimmen. Er setzt nämlich diesen normativen Anspruch als sozialontologisch gegeben voraus und erhebt ihn gleichzeitig zur wichtigsten Konflikt- und Organisationslinie des Politischen überhaupt. Er geht davon aus, dass die Menschheit natürlicherweise in eine begrenzte Anzahl von Nationen zerfällt, die sich nach Innen als DRIS organisiert und nach Außen von anderen Staaten abgrenzt, insbesondere wenn sie eine andersartige politische Ordnung aufweisen. Er geht weiterhin davon aus, dass die Abgrenzung nach Außen und der Wettbewerb zwischen den Staaten die grundlegendste Kategorie jedweder politischen Organisation ist. Jenseits der Staaten angesiedelte Institutionen und auch Mechanismen der internen Selbstregulierung werden ausgeblendet. Diese doppelte Prämisse des methodologischen Nationalismus strukturiert auch die empirischen Beobachtungen. Das zeigt sich beispielsweise bei den statistischen Messeinheiten, die fast immer national aufgeschlüsselt und staatsorientiert von den statistischen Ämtern mit grossem Ressourcenaufwand fortgeschrieben werden. Diese Weltsicht sperrt sich somit in stark institutionalisierter Weise gegen empirische Widerlegung.

Eine Theorie der Politik in der postnationalen Konstellation muß diese "Selektivität erprobter Perspektiven" (Mayntz 2002) abbauen und bedarf einer Rekonzeptualisierung politischer Prozesse, die eine Ablösung vom Denken in nationalstaatlichen Kategorien ermöglicht. Dass Politik in der postnationalen Konstellation sich aus dem Zusammenspiel verschiedener Ebenen sowie paralleler Prozesse der Privatisierung ergibt und damit die strenge Trennung von Innen und Außen sowie von Öffentlich und Privat nicht mehr aufrechterhalten werden kann, gibt dabei zunächst nur einen Rahmen ab. Darüber hinaus müssen in einer solchen Konzeptualisierung aber auch die konstitutiven Merkmale von Politik in der postnationalen Konstellation herausgearbeitet und zu einem theoretischen Modell zusammengefügt werden, um zu verallgemeinerungsfähigen Aussagen zu gelangen:

  • Wie lässt sich das Organisationsprinzip einer postnational rekonfigurierten Staatlichkeit greifen?
  • Welche Akteure werden mit welcher funktionalen Differenzierung in der postnational rekonfigurierten Staatlichkeit zentral sein?
  • Welche Motivationslagen und welche Prozessmuster werden die Politik dann prägen?

Es ist zu vermuten, dass die Antworten auf diese Fragen sich in der nationalen wie internationalen Politik von der derzeit vorherrschenden nationalen Konstellation unterscheiden. Jedenfalls zielt der Sfb auf ein neues und angemesseneres Verständnis von Staatlichkeit, das weitreichende Implikationen für die Theoriebildung in allen Staatswissenschaften haben könnte.

Die Befunde des Sfbs können zudem schon allein deshalb praxeologisch relevant werden, weil sich in einer postnational rekonfigurierten Staatlichkeit nicht nur die Politikprozesse, sondern auch Politikergebnisse weitreichend verändern dürften. Ob die sozialen Grundwerte Frieden, Rechtssicherheit, Demokratie und Wohlfahrt in ähnlicher Weise befördert werden können wie in der nationalen Konstellation, ist eine offene Frage. Der Sfb dürfte aber auch erste Hinweise darauf geben, welche institutionellen Neugestaltungen die postnationale Re-Konfiguration so beeinflussen könnten, dass die genannten sozialen Grundwerte auch in der ferneren Zukunft erreichbar bleiben.

Weiterlesen: Der Projektverbund

 
   
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