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Unity in Diversity as Europe’s Vocation and Conflicts Law as Europe’s Constitutional Form
   

“In Vielfalt geeint” lautete das schöne Motto des gescheiterten Konventsentwurfs für eine europäische Verfassung. In den Vertrag von Lissabon konnte es nicht übernommen werden. Der Beitrag plädiert für seine Bewahrung in der Form einer Re-Konzeptualisierung des Europarechts als eines „Kollisionsrechts neun Typs“. Dieses neue Kollisionsrecht befasst sich nicht mit der Wahl zwischen verschiedenen Rechtsordnungen, zu denen eine Fallkonstellation Verbindungen aufweist. Es geht ihm vielmehr um den Umgang mit externen Effekten einzelstaatlich legitimierter Gesetze und Entscheidungen in anderen Rechtssystemen. Solche Effekte sind demokratisch insofern defizitär als die von ihnen betroffenen Bürger sich nicht als deren Autoren verstehen können. In der kollisionsrechtlichen (Um-)Deutung ist es der Beruf des Europarechts, diese Demokratiedefizite der Mitgliedstaaten der EU zu kompensieren. Dieses Potential begründet seine konstitutionelle Dignität und supranationalen Geltungsansprüche.

Dieses Konzept wird an zwei aktuellen Exempeln illustriert. Bei dem ersten geht es um die Konflikte zwischen den ökonomischen Freiheitsrechten, die das Unionsrecht garantiert und nationalem kollektivem Arbeitsrecht. Die Rechtsprechung des EuGH in den Fällen Viking, Laval und Rüffert wird als eine kontraproduktive Vertiefung der konstitutionellen Asymmetrie der Union und ihres sozialen Defizits kritisiert.

Beim zweiten Beispiel geht es um den Konflikt zwischen Österreich und der Tschechei um das Kernkraftwerk Temelín. Die Begründung des EuGH, die der Kernenergiepolitik der Tschechei Recht gibt, wird als unzulänglich bezeichnet und gleichzeitig die Legitimität einer Rechtsentscheidung, die den energiepolitischen Konflikt beenden soll, in Frage gestellt.

Der einführende und der Schlussabschnitt vertiefen und erweitern den kollisionsrechtlichen Ansatz. In der Einführung geschieht dies in einer Auseinandersetzung mit dem Nationalstaatskonzept der Freiburger Antrittsrede

Nr. 148/2011
Christian Joerges


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