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Vom Nationalstaat zum Mitgliedstaat und wieder zurück? Modifikationen "offener Staatlichkeit" durch das Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts
   
Europäisierungsprozesse werden vielfach als Bedrohung wahrgenommen. Weil das spezifisch „europäische“ am Transformationsprozess von Staatlichkeit nicht so richtig zu fassen ist, bleibt als Ausweg nur die Argumentation mit dem Staat. So auch im Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das sich wie ein Lehrbuch zur allgemeinen Staatslehre liest. Zwar wird der Staat des Grundgesetzes erstmals ausdrücklich als europarechtsfreundlich ausgewiesen. Doch das Gericht öffnet den Staat nicht nur gegenüber den europäischen Herausforderungen und begreift ihn als Mitgliedstaat, sondern zieht der Preisgabe von Souveränität auch Grenzen und versteht ihn als Nationalstaat. Dagegen, dass Integration demokratisch verantwortet werden muss, lässt sich wenig sagen. Ob sich aber mit der neuen Identitätskontrolle unter der im Urteil überstrapazierten „Ewigkeitsgarantie“ des Art. 79 Abs. 3 GG ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Europarecht einstellen wird, bleibt abzuwarten. Der Staat geht nicht in Europa auf, das ist die Botschaft des Gerichts. In der partikularistischen Perspektive scheint sich der zweite Senat vom Leitbild offener Staatlichkeit zu verabschieden. Dann sollte aber auch darauf verzichtet werden, Europa einfach vom Staat aus denken.
Nr. 124/2010
Claudio Franzius


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